Leseprobe “Cutter ante portas” von Michael Marrak

 

cutter ante portas

 

PROLOG

 

Das schwarze Noctilux war das seltenste und zugleich einsamste Mikromechanikum der Nachtwüste. Seit seiner metallurgischen Genese wanderte es auf der Suche nach Nichts rast- und ziellos in der Schwärze umher, angetrieben von einem winzigen hochenergetischen Splitterpartikel, um den herum sich ein Panzer aus Metallmolekülen verdichtet hatte, bis ein Funke der darin eingeschlossenen Rota-Materie ein primitives neuronales Netz hatte wachsen lassen. Wann letzteres geschehen war, wusste das Noctilux nicht. Ebenso wenig, wo es sich zugetragen hatte, wieso es geschehen war, woher es kam, wohin sein Weg führte, und all die anderen Dinge, von denen es noch nie etwas gehört oder gesehen hatte – was damit zusammenhing, dass es weder über Augen noch über Ohren verfügte. Doch auch dessen war sich das Noctilux nicht bewusst. Im Grunde wusste es so gut wie nichts über sich und die Welt um es herum. Getrieben von der tief in seinem Innern pulsierenden Rota-Energie, hatte es, ohne sich daran zu erinnern, auf wundersame Weise das Vergehen jenes strahlenden und strudelnden Universums überlebt, in dem es entstanden war. Ebenso die Geburt des neuen Universums, in dessen Dunkelheit und Leere es nun ohne Sinn, Ziel und Zweck existierte.
Seine ersten Stunden als Neogenetrum hatte es damit verbracht, dreizehn Zentimeter vorwärts und sieben Zentimeter rückwärts zu kriechen und sich neunzehn Mal im Kreis zu drehen. Danach saß es drei Wochen lang auf demselben Fleck und verdaute ein versehentlich absorbiertes Zinnobermolekül. Als das Noctilux nach seiner unfreiwilligen Völlerei wieder imstande war, sich zu bewegen, kreuzte es die Leuchtspur eines elfdimensionalen Ioniden, der kurz zuvor den Planeten mit Lichtgeschwindigkeit durchdrungen hatte, und war daraufhin für 0,4 Sekunden schlauer als die Maschine, die alle Probleme löst und unsere Sprache spricht. Den Rest seines einsamen Daseins verbrachte es damit, sich von dieser flüchtigen Bewusstseinserweiterung zu erholen.
Sein unvermitteltes Ende fand das erste und einzige je existierende Noctilux schließlich bei der Kollision mit einer aus dem unendlichen Nichts über ihm hernieder sinkenden Finsternis, die noch dunkler war als die Schwärze, in der es sein einsames Dasein gefristet hatte.


1

 

»Sapperlot!«, entfuhr es Cutter, als es unter seinem rechten Fuß knallte und er im Lichtblitz der Explosion die Spitze seines kleinen Zehs verglühen sah. »Der Boden ist übersät mit Rota-Kristallpartikeln.«
»Sind wir in Gefahr, Meister?« Das ihn begleitende Sensorium stoppte seine Fahrt mit schleifenden Raupenketten. »Für ein Minenfeld bin ich nicht gerüstet.«
Cutter erhob sich vom Boden der Reaktorhalle, um nicht mit weiteren Splittern in Berührung zu kommen, und blickte auf das kleine Gefährt herab. »Du hast von den Resten der Rota-Materie nichts zu befürchten«, sagte er, woraufhin sich das Assistenzmechanikum zögerlich wieder in Bewegung setzte. »Leuchte!«, wies er es an.
Ein gleißender Lichtstrahl schnitt durch die Schwärze, begann dicht über den Boden zu wandern und riss dabei riesige Felsquader aus der Dunkelheit, die sich aus dem hunderte Meter über ihnen spannenden Deckengewölbe gelöst hatten und in den einstigen Reaktorsee gestürzt waren. Stellenweise wurde der Strahl von Tümpeln reflektiert, die sich in Senken um die Steinblöcke herum gebildet hatten, oder ließ eine der gigantischen Stützsäulen erahnen, die in regelmäßigen Abständen in die Finsternis emporragten.
»Halt!«, gebot Cutter, als sie einen der mächtigen Quader passiert hatten und das Licht für einen Sekundenbruchteil von einem metallischen Objekt reflektiert wurde. »Langsam wieder zurück«, wies er das Assistenzmechanikum an und richtete das Sensenblatt weisend in die Schwärze. »Weiter … weiter … Halt!«
Mit einem letzten Zittern verharrte der Strahl auf einem fernen, zylinderförmigen Gebilde, das zwischen Felstrümmern einsam und verloren in der Finsternis ruhte.
»Da ist es!«, frohlockte der Schwarzgekleidete beim Anblick des Aquaroids. »Und es sieht intakt aus.«
Ohne auf das ihm nacheilende Sensorium zu warten, schwebte er auf das Wrack des Tauchbootes zu und hielt erst vor dessen Bug inne. Als das Aquaroid weder auf seine Anwesenheit noch auf das Scheinwerferlicht des sich nähernden Mechanikums reagierte, klopfte er mit dem Sensenschaft laut gegen die gläserne Frontluke. Nach einem Moment der Stille hallten die Schläge im Stakkato von den fernen Wänden wieder. Doch selbst jetzt ließ das Tauchboot kein Zeichen von Leben erkennen. Auch in seinem Inneren regte sich nichts, was Cutter zu einer leise geraunten Bemerkung verleitete.
»Komm her und walte deines Amtes«, wies er seinen mechanischen Begleiter an.
Das Sensorium rollte herbei und richtete seine Detektoren und Messfühler auf das Wrack. Eine Zeit lang stand es reglos da, dann sagte es: »Ich registriere ein Kraftfeld.« Es setzte sich in Bewegung und begann das Aquaroid zu umrunden. »Offenbar sind beide Diametron-Generatoren noch aktiv«, verkündete es, als es wieder am Ausgangspunkt angekommen war. »Aber ich kann nicht messen, wie intensiv das Feld ist und ob es seinen Zweck noch erfüllt.«
»Das wird sich zeigen.« Der Schwarzgekleidete schwebte zurück zur Frontluke. »Kriegst du die auf?«, fragte er das Sensorium.
»Wie meint Ihr das?«
»Kommst du mit deinem Schneidbrenner durch die Hülle?«
Das Mechanikum begutachtete das Metall, dann fragte es: »Warum orbt Ihr nicht einfach hinein, Meister?«
»Weil mein Eindringen das im Inneren wirkende Nullzeitfeld kollabieren lassen könnte«, erklärte Cutter. »Die Implosion würde das, was von ihm geschützt wird, augenblicklich zerstören.« Er blickte auf seinen Begleiter herab. »Und benutze in meiner Gegenwart nie wieder das Wort ›orbt‹!«, rügte er ihn. »Also, schaffst du das?«
»Selbstverständlich«, antwortete das Sensorium kleinlaut.
»Wie lange wird es dauern?«
»Vielleicht … drei Wochen?« Das Gefährt duckte sich ängstlich, als die Sensenklinge wenige Zentimeter über ihm in der Luft stoppte. »Aber für Euch schaffe ich es in einer!«, beeilte es sich zu versichern.
Cutter maß das Assistenzmechanikum mit Blicken. »Treib es nicht zu weit mit deinem Spott!«, rügte er es. »Und nimm Abstand!« Dann wandte er sich dem Aquaroid zu, holte mit der Sense aus und vollführte einen Hieb, der die Klinge eine Handbreit neben dem Schottrahmen durch das Metall trieb. Ein Poltern hinter der Frontluke bestätigte ihm, dass der durchtrennte Schließriegel zu Boden gefallen war. Doch selbst jetzt gab das Wrack keinen Mucks von sich. Cutter wiederholte den Streich auf der gegenüberliegenden Seite des Schotts, dann vollführte er einen horizontalen Schwinger, um die Scharniere zu kappen. Nach dem dritten Hieb begann die Luke sich vom Rumpf zu lösen, kippte vornüber und schlug mit lautem Krachen auf dem Hallenboden auf.
»So weit, so gut.« Cutter spähte ins Dunkel des Tauchbootes. »Komm her und leuchte!«, wies er das Sensorium an, nachdem er ins Innere geschwebt war.
Das kleine Gefährt richtete seine Scheinwerfer in die Höhe. Wo sie auf die Kutte des Schwarzgekleideten trafen, brachen sich die Lichtstrahlen wie in einem Prisma und ließen das Bootsinterieur in allen Regenbogenfarben schimmern.
Schweigend sah Cutter sich im Inneren um. Durch die verborgenen Lecks, die das Wasser einst hatten eindringen lassen, war das meiste davon im Laufe der Monate wieder herausgesickert. Lediglich im vorderen Bereich stand es noch wadenhoch im Boot.
Bemüht, mit nichts in Berührung zu kommen, das eine Zeitbrandexplosion auslösen könnte, näherte der Schwarzgekleidete sich dem Nullzeitfeld im Zentrum des Aquaroids. Darin schwebten – sich in Stasis auf wundersame Weise gegenseitig umarmend – ein Monozyklop und ein kugelförmiger, mit vier langen Greifarmen ausgestatteter Sondenadjutant. Ob das begrenzte Energiefeld die beiden äußerst voluminösen Objekte in diese Stellung gezwungen hatte, wusste Cutter nicht. Womöglich war es der Orphiker selbst gewesen, der die Sonde in die Arme geschlossen hatte, um die Nullzeitsphäre nicht zu sehr zu dehnen. Dass Auguste Barnacolls einst auf die Sonde übertragenes Bewusstseinsmuster etwas damit zu tun hatte, war ausgeschlossen.
Der Schwarzgekleidete studierte den im Rumpf eingelassenen Generatorpol, dann schaltete er das Gerät aus.
Im selben Augenblick, in dem das Nullzeitfeld erlosch, setzte für den Monozyklopen und die Sonde die Schwerkraft wieder ein. Als beide zu Boden stürzten, schleuderte die Erschütterung alles empor, was lose an Bord herumlag. Der Aufschlag brachte das Wrack zum Schwanken und erzeugte im vorderen Bereich eine kleine Flutwelle, die sich an den Bootswänden brach und zur offenen Frontluke herausschwappte.
»Seid Ihr wohlauf, Meister Thanatos?«, erklang die besorgte Stimme des Sensoriums, nachdem wieder Stille eingekehrt war. »Habt Ihr diesen Sloterdyke-Monozyklopen gefunden?«
»Habe ich.«
»Ist er am Leben?«
Cutter betrachtete die reglos vor ihm ruhende Zweckgemeinschaft. »Das weiß ich noch nicht so genau.« Er blickte abwägend zum Bug, dann wieder auf Sloterdyke und die Sonde. »Mach Platz!«, forderte er das vor dem Aquaroid wartende Assistenzmechanikum auf. »Ich bringe ihn durch den Orb heraus.«

 

»Beim heiligen Dynamo, was ist das denn?«, erschrak das Sensorium, als Cutter mit dem Monozyklopen und der von ihm umklammerten Sonde neben dem Tauchboot materialisiert hatte. »Ein Parasit?«
»Ein Levit-Assembler«, erklärte der Schwarzgekleidete. »Vom einstigen Kontrolleur dieses Mauerabschnitts zum Dienstboten umfunktioniert. Eigentlich eine Schande, wenn man bedenkt, woher seinesgleichen stammt.«
Gespannt wartete er mit dem Mechanikum auf ein Lebenszeichen des sich umklammernden Zweibundes, doch der Monozyklop regte sich nicht.
»Sollte die Stasis mit dem Erlöschen des Nullzeitfeldes nicht augenblicklich enden?«, erkundigte sich das Sensorium.
»Sollte sie in der Tat.«
Das kleine Gefährt rollte heran, streckte seine Fühler aus und betastete den Monozyklopen. »In seinem Körper herrscht ein außerordentliches zellulares Durcheinander«, verkündete es nach seiner Diagnose. »Selbst in seinen Molekülen überwiegt das Chaos. Es ist unter diesen Bedingungen fast schon ein Wunder, dass seine angestammte physische Struktur sich nicht längst aufgelöst hat.« Das Sensorium untersuchte die Sonde und sagte: »In ihr hingegen messe ich keine Aktivität mehr.«
»Sie ist nicht wichtig.« Cutter lehnte seine Sense gegen den Bootsrumpf. »Verbinde dich mit seinem Kreislaufsystem und gib ihm Starthilfe«, forderte er das Assistenzmechanikum auf.
»Es funktioniert nicht«, klagte dieses, nachdem es mehrere Versuche unternommen hatte, den Mutanten wiederzubeleben. »Vielleicht hat die Stasis zu lange gewährt …«
»Der Aufenthalt im Nullzeitfeld ist nicht für diesen Zustand verantwortlich. Es muss an der Strahlung liegen. Ich hatte gehofft, dass das Feld den Monozyklopen vor der Rota-Energie schützen würde, während das Ganglion sie assimiliert, doch die kollabierende Gewölbematerie scheint beim Ausbruch zu viel davon reflektiert und im Becken verteilt zu haben.«
»Ihr müsst ihn zu einem Heiler bringen«, sagte das Sensorium. »Er wird ihn reparieren.«
»Ein gewöhnlicher Medikus kann nichts für ihn tun«, erklärte Cutter. »Der Monozyklop vereint zu viele biologische Komponenten und zu komplizierte biomechanische Schnittstellen in sich, von all den Memory-Dingern in seinem Kopf ganz zu schweigen.«
»Dann war unsere Mission umsonst?«
Der Schwarzgekleidete schwebte empor und kreiste eine Weile grübelnd durch die Dunkelheit. »Es gibt möglicherweise jemanden, der ihn zu reparieren vermag«, sagte er, nachdem er zum Tauchboot zurückgekehrt war. »Sofern er noch praktiziert.«
»Jemand, der fähig ist, seinen Hoch- und Übersinn zu rekonstruieren und seine Struktur zu stabilisieren?«, staunte das Sensorium.
»Alles da drin.« Cutter tippte mit dem Sensenschaft an Sloterdykes Kopf, dann beugte er sich herab und begutachtete das Zyklopenauge. »Und er könnte bei dieser Gelegenheit vielleicht auch die Linse polieren«, fügte er hinzu.
»Von wem sprecht Ihr, Meister?«
»Vom Ersten.«
Das Sensorium wartete gespannt, doch vergeblich auf den Rest der Erklärung. »Dem ersten was?«, fragte es schließlich.
»Molekülstrukturierer.«
Im Inneren des kleinen Gefährts erklang ein glockenheller Misston. »Ist das Euer Ernst?«, staunte es.
»Sehe ich aus, als würde ich scherzen?«, hielt Cutter ihm entgegen.
Stumm rollte das Assistenzmechanikum rückwärts. »Der erste Molekülstrukturierer ist ein Mythos!«, befand es in einem Anflug verhaltener Empörung, als es die Distanz zu dem Schwarzgekleideten für groß genug erachtete. »Es gab keinen Hochkonstrukteur vor dem Großen Dynamo! All die Geschichten vom sagenhaften ersten Erbauer, dem Urwelt-Fabrikanten oder der Maschine, die alle Probleme löst, sind nicht mehr als Märchen und Sagen.«
»Ich erwarte von einem niederen Mechanikum wie dir auch nicht, dass du den Worten äonenalter Entitäten glaubst«, befand Cutter. »Das habt ihr Unterschicht-Maschinen noch nie getan.«
Das Sensorium hüllte sich eine Zeit lang in Schweigen und beobachtete den Schwarzgekleideten dabei, wie er das geborgene Zweigespann untersuchte. »Und wo praktiziert er, dieser Wundermechaniker?«, fragte es schließlich.
»In der Unterstadt.«
»Ihr meint Abyssa?«
»Nein, Solicia. Die tiefste von allen, hervorgegangen aus einer Mine der ersten Ehernen, die der Dynastie der Sonnenflüchter entstammen.« Er drückte den Sensenschaft gegen die auf Sloterdyke ruhende Sonde und rüttelte an ihrem Metallleib. »Wir müssen die Maschine entfernen, damit es im Orb nicht zu Interferenzen oder gar einer Fusion der beiden kommt«, sagte er. »Hilf mir, sie voneinander zu trennen.«

 

2

 

»Werden wir den Mechataurus sehen, von dem die Chroniken erzählen?«, fragte das Assistenzmechanikum, nachdem sie Mutant und Maschine separiert hatten und der Monozyklop entsondet neben dem Tauchboot lag. »Oder das Palais Joumbur?«
Die Dunkelheit unter der Kapuze der Todesentität wallte umher, fast so, als schüttelte sie langsam den Kopf. »Solicia ist kein sicheres Pflaster für ein niederes Gefährt wie dich«, erklärte Cutter, während er mit dem Ende des Sensenschafts Sloterdykes Oberkörper abklopfte. »In ihren Gassen wimmelt es von Halunkomaten und Ventilabschneidern. Ich habe keine Lust aufzupassen, dass du dich nicht von einem Klimperer verschlucken lässt oder von Schnappschmieden zu Blitzgeschirr verarbeitet wirst.«
Die Scheinwerfer des Sensoriums begannen zu flackern. »Aber … was wird dann aus mir?«, fragte es.
»Du wirst hier warten. Wir schalten die Generatoren im Wrack wieder ein und erzeugen ein neues Nullzeitfeld. Ich werde dich holen kommen, sobald die Sache erledigt ist. Für dich wird hier unten keine Zeit vergehen.«
»Etwa so wie für ihn?«, fragte das Mechanikum und wies mit einem seiner Fühler auf den komatösen Monozyklopen. »Auf das meine sensorischen Zimpeln veröden und ich alles vergesse?«
Cutter ließ sich neben dem Urwelt-Mutanten auf die Knie nieder und tippte mit der Spitze eines Fingers gegen eine Stelle auf Sloterdykes Brustkorb, hinter der keine lebenswichtigen Organe und Instrumente lagen. Eine kleine Rauchwolke stieg auf, als der Zeitbrand das Gewebe zu Staub zerfallen ließ.
»Na schön, dann bleibt es deine Entscheidung, wie du dir die Zeit hier unten vertreibst«, sagte er, nachdem er sich wieder aufgerichtet hatte, und schob den Sensenstiel vorsichtig in das im Thorax klaffende Loch. »Halte dich nur vom Schutthang und dem Terragoden-Bohrloch fern, denn dort ist die Reststrahlung am höchsten. Es kann sein, dass sich hin und wieder ein Felsquader aus dem Deckengewölbe oder aus den Wänden löst und herabstürzt. Die gesamte Reaktorhalle ist ohne die sie einst stützenden Wassermassen recht instabil. Am besten, du bleibst einfach still an einem Platz sitzen, sobald ich weg bin, und zählst Lichtquanten, bis ich wiederkomme.«
»Meister …«
»Spiel nicht mit dem Aquaroid herum, solange ich weg bin«, ermahnte der Schwarzgekleidete das verschüchterte Mechanikum. »Und Greifer weg von den Diametron-Generatoren!«, verhallte seine Stimme, als er im Orb verschwand.

Cutter materialisierte am Ufer eines subterranen Sees, dessen gegenüberliegendes Ende im Dunkel kaum auszumachen war. Während sich zu seiner Linken ein breiter Sandstrand in die Ferne zog, waren alle übrigen Seiten des Gewässers von steilen Felswänden umgeben. Gespeist wurde der See von einem mächtigen, gut einhundert Meter hohen Wasserfall, der aus einem schmalen, in einer der Klippen klaffenden Felsspalt hervorbrach. Ein steter, vom gegenüberliegenden Ufer wehender Wind trug einen Schleier aus Gischt fast bis ans Ufer, an dem der Schwarzgekleidete stand.
Cutter blickte hinauf zu dem wie eine blaue Miniatursonne glosenden Gebilde, das unter der Höhlendecke schwebte und die Kaverne mit diffusem Licht erfüllte.
»Ove, Lux inferis!«, murmelte er, dann senkte er den Blick wieder und stellte fest, dass kein Monozyklop neben ihm lag.
Verwundert wandte Cutter sich um. Wenige Schritte entfernt stand ein hüfthoher Pfahl mit einem Richtungsschild, in dessen Holz der Name SOLICIA geschnitzt war, und wies auf drei finstere Tore, die sich Seite an Seite am anderen Ende des Strandes in der Felswand öffneten.
Kaum hatte der Neuankömmling sich dem Wegweiser zugewandt, ließ dieser ein kurzes Fanfaren-Jingle erklingen und rief: »Sei gegrüßt, Inkarnation! Ich bin …«
Bevor er in der Lage war, den Satz zu beenden, hatte der Schwarzgekleidete die Kaverne verlassen und stand wieder in der Reaktorhalle.
»Meister?«, begrüßte das Sensorium ihn verwundert.
Cutter murmelte etwas Unverständliches, steckte den Sensenstiel erneut in den Monozyklopen, drehte ihn ein wenig hin und her und sprang erneut in den Orb.
»Sei gegrüßt, Inkarnation!«, rief das Ortsschild, als er zum zweiten Mal ohne den Urwelt-Mutanten vor ihm auftauchte. »Ich bin eine Grenzmarkierung …«
»Zefix!«, stieß der Schwarzgekleidete hervor und war wieder verschwunden.
»Meister?«, vernahm er die Stimme des Sensoriums im Dunkel der Reaktorhalle.
»Sei still!« Cutter hob die Sense und versetzte dem Monozyklopen wütend einen Tritt, woraufhin die getroffene Stelle zu Rost und Staub zerfiel. Dann bohrte er den Sensenstiel ein Stück tiefer in dessen Thorax, bis er sich so festgedreht hatte, dass er nur noch durch rohe Gewalt entfernt werden konnte.
»Sei gegrüßt, Inkarnation!«, freute sich das Schild, als er ein drittes Mal ohne den Monozyklopen vor ihm materialisierte. »Ich bin eine Grenzmarkierung des freien Subterraneums Solicia und heiße dich in den Gefilden der Sonnenflüchter herzlich willkommen!«
Die letzten Worte sprach es in die vom Wasserfall herüberwehende Gischt. Die Stelle, an der der finstere Besucher gestanden hatte, war wieder leer.
»Meister?« Das Sensorium starrte Cutter mit weit geöffneten Objektivblenden an.
»Ruhe!«, donnerte dieser und hieb die Sensenklinge eine Antennenlänge vor den Kameraaugen des kleinen Gefährts in den Hallenboden, woraufhin sich ein meterlanger Riss im Gestein öffnete. Das Mechanikum ließ vor Schreck die Scheinwerfer erlöschen und schoss mit aufheulenden Raupenketten rückwärts. »Herrschaftszeiten, vermaledeite!«, grollte der Schwarzgekleidete. »Das ist doch jetzt wohl ein Witz!«
»Ich erzähle nie dreimal nacheinander denselben Witz«, erklang die Stimme des Sensoriums leise aus der Dunkelheit, nachdem das Echo des Wutausbruchs verstummt war. »Dürfte ich fragen, was Euch widerfahren ist, Meister Thanatos?«
»Das siehst du doch«, knurrte Cutter. »Es ist kein Transport durch den Orb möglich.«
»Aber Ihr habt es doch vollbracht, den Monozyklopen und die Sonde aus dem Aquaroid zu holen.«
»Das war nur ein Katzensprung.«
Das Sensorium schwieg eine Weile, dann fragte es: »Ein was?«
»Vergiss es …« Cutter ließ sich auf einen der riesigen, aus der Hallendecke gebrochenen Felsquader nieder. »So etwas Vermaledeites ist mir seit dem Erstrahlen des temporal-borealen Wirbels nicht mehr passiert«, klagte er. »Es muss an der Rota-Strahlung liegen, oder an der langen Stasis im Nullzeitfeld. Womöglich ist es auch die Kombination aus beidem, die den Sprung verhindert.«
»Dürfte ich frei und offen sprechen, Meister?«, fragte das Mechanikum mit demütig hängenden Sensorfühlern, wobei seine Stimme leicht zitterte.
»Tu, was du nicht lassen kannst, Raupenknecht.«
»Vielleicht liegt es in Wirklichkeit daran, dass Euch der Trickster auf dem Seelenmarkt von Hamporasch übers Ohr gehauen hat …«
»Ich habe keine Ohren!«
»… und Ihr Eures Spiegelbildes verlustig geworden seid«, beendete das kleine Gefährt den Satz. »Von den vier Insignien, die Euer Amt definieren, könnt Ihr inzwischen nur noch zwei Euer Eigen nennen. So etwas zieht Konsequenzen nach sich.«
»Hältst du mich jetzt etwa für eine halbe Portion?«, grollte Cutter.
»Ich zitiere nur eine Weisheit aus dem Buch der Elemente, Meister Thanatos.«
Der Schwarzgekleidete ließ sich von dem Felsquader herabsinken und betrachtete den Monozyklopen. »Na gut, lass uns sehen, wohin das führen soll«, sagte er und löste sich erneut in einer schwarzen Wolke auf.

»Sei gegrüßt, Inkarnation!«, frohlockte das Ortsschild, als der Schwarzgekleidete ein weiteres Mal vor ihm aus dem Orb auftauchte. »Ich bin eine Grenzmarkierung des freien Subterraneums Solicia und …«
»Noch ein Wort, und du warst es die längste Zeit deiner armseligen Existenz«, drohte Cutter und legte seinem Gegenüber die Sensenklinge an den Pfahl. »Also«, sagte er, als er sicher war, dass das Schild tatsächlich schwieg. »Was ist bei euch hier unten los? Ist das ein sphärischer Bannwall, den ihr um die Stadt herum errichtet habt, oder eine Ätherbarriere?«
»Das weiß ich nicht«, gestand das Schild. »Ich stehe hier nur für den Empfang der Entitäten, die versuchen, die Zollkontrolle zu umgehen. Durch die Geisterdimension wurde zu viel Ware in die Stadt hinein und aus ihr heraus geschmuggelt.« Es verstummte, als befürchtete es, für seine Worte bestraft zu werden. Als Cutter die Sense zurückzog, fügte es hörbar erleichtert hinzu: »Ihr seid übrigens die erste Inkarnation seit der Ankunft des erlauchten Quadropheniden von Kaitos im Jahr 23.908 des ewigen Kalenders, die ich vor unseren Toren willkommen heißen darf.«
»Ist er etwa für diesen Hokuspokus verantwortlich?«
»Oh nein, mein Herr, das war ein Geschenk der Maschine.«
»Welcher Maschine?«
»Jener, die alle Probleme löst und unsere Sprache spricht.«
»Treib nicht deinen Spott mit mir!«, ermahnte der Schwarzgekleidete das Schild. »Dieses monströse Unikum hat diese Welt vor Äonen verlassen.«
»Ich kann nur widergeben, was mir vom Konsul zu erzählen auferlegt worden ist.«
Cutter blickte hinüber zu den Stadttoren. »Heißt das, die obersten Sonnenflüchter haben einen Pakt mit der Maschine geschlossen?«
»Das weiß ich auch nicht«, gestand sein hölzernes Gegenüber. »Ich wurde hier erst aufgestellt, als das Problem bereits gelöst war.«
»Und wie soll unsereins nun mit seiner Ware in die Stadt gelangen?«
»Auf traditionelle Art und Weise.« Das Schild richtete sich auf den tosenden Wasserfall aus, der in der Ferne aus der Felswand hervorbrach. »Über den Fluss und den Katarakt der Seelen, wie es das Gesetz der ersten kosmischen Entitäten fordert.«
»Ich bin eine dieser Entitäten«, murmelte Cutter.
»Na, dann habt Ihr ja nichts zu befürchten. Sucht einen Eingang in die Unterwelt, erwerbt ein Ticket und nehmt eine Fähre.«
Der Schwarzgekleidete richtete seinen Blick auf den Wasserfall. »Wir sehen uns wieder«, sagte er.
»Vergesst nicht, eine Deklarationsmarke zu kaufen und ein ausgefülltes Einfuhrformular für Außenweltsperrgut vorzulegen«, rief das Schild ihm nach, doch da hatte der finstere Besucher sich bereits wieder in Luft aufgelöst.

 

»Na gut, Raupenknecht«, sagte Cutter, nachdem er in die Reaktorhalle zurückgekehrt war. »Du darfst mich nach Solicia begleiten …«
»Oh, danke, Meister!«, frohlockte das Sensorium und kam mit aufblendenden Scheinwerfern herangerollt.
»… und wirst den Monozyklopen schleppen.«
»Ihr seid zu güt…« Es stockte und beleuchtete den wie ein Berg neben ihm aufragenden Urwelt-Mutanten. »Ich?«, fragte es erschrocken. »Allein?«
»Mir ist es offensichtlich nicht vergönnt.«
»Den ganzen Monozyklopen?« Das Mechanikum wartete auf eine Antwort, dann fragte es leise: »Genügt denn nicht nur sein Kopf?«
»Nein!«
Das kleine Gefährt umrundete langsam Sloterdykes Körper. Schließlich blieb es wieder neben seiner rechten Schulter stehen und fragte: »Wozu benötigt Ihr überhaupt das Wissen dieses Kolosses?«
»Das geht dich nichts an.« Cutter trat neben die separierte Sonde und betrachtete den Kugelleib mit seinen vier Greifarmen. »Was ist mit ihr?«, fragte er. »Bist du fähig, sie zu reparieren?«
Das Mechanikum rollte zu dem reglosen Apparat und tastete seinen Kugelleib ab, bis es eine geeignete Öffnung gefunden hatte, dann schob es vorsichtig seine sensorischen Fühler ins Innere. Eine Zeit lang verharrte es in dieser Stellung, zog die Fühler schließlich wieder zurück und richtete einen seiner Strahler auf Cutter. »Ich kann ihre Schaltkreise reinigen, den Prozessor reaktivieren und die Basisfunktionen wiederherstellen«, erklärte es. »Aber ich fürchte, jenes Persönlichkeitsmuster, das sie einst beherbergt hat, bleibt verloren.«
»Von seinesgleichen geistern in diesem Gemäuer noch etliche herum«, sagte der Schwarzgekleidete. »Der Verlust wird sich also in Grenzen halten.«

 

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The way you are Anthologie (1)

Aktuell lesen wir (Julia und Jürgen) die letzten Beiträge zur Anthologieausschreibung. Da uns die Entwicklung der Pandemie “ein wenig” einen Strich durch unsere Planung für das Jahr 2021 gemacht hat, hat der Verleger beschlossen, sich etwas mehr zeit zu lassen und die Veröffentlichung der Antho etwas nach hinten zu schieben. Demnächst bekommen alle Einsender Nachricht, ob sie mit in der ersten Anthologie landen. Vorab ist schonmal gesagt – die Auswahl ist sehr schwierig, es sind wirklich viele gute Texte mit dabei …!

Pandemie und Zombies: Wir hätten nicht gedacht, dass es um Klopapier gehen würde.

von Claudia Rapp

Vor Allem aber hätten wir nicht gedacht, dass die Realität irgendwann unsere nette kleine Zombie-Reihe einholen würde. Die Zombie Zone Germany wurde 2013 von Torsten Exter ausgeheckt und 2014 gemeinsam mit dem Amrûn Verlag und seinem Verleger Jürgen Eglseer realisiert: Die Anthologie mit Kurzgeschichten aus einem abgeschotteten, von Zombies überrannten Deutschland erschien, weitere Bücher wurden geplant. In den folgenden Jahren ließen sich Autorinnen und Autoren wie Simona Turini (Trümmer, Frühjahr 2015), Vincent Voss (Tag 78, Herbst 2015), Jenny Wood (Letzter Plan, 2016), Carolin Gmyrek (Zirkus, 2017),  Matthias Ramtke (Blutzoll, 2018), Lisanne Surborg (Xoa, 2019), Thomas „der Wahnsinnige“ Williams (Fressen oder Gefressen werden, 2019) und Hanna Nolden (Hoffnung, Herbst 2020)  vielfältige Szenarien einfallen, in denen die Zombies gar nicht unbedingt immer die Hauptrolle spielen, denn im Grunde sind die Untoten ja nur plakative Katalysatoren, Kulisse und Auslöser für die Handlung. Eine Zombie-Apokalypse bietet ein Spielfeld, auf dem sich zwischenmenschliche, nur allzu menschliche Dramen, Tragödien, Thriller und manchmal auch Komödien darstellen lassen.

Wie gehen die Figuren in einer Geschichte mit der Ausnahmesituation um? Wer wird zum Helden, wer versteckt sich, wer rennt davon, wer kümmert sich um andere, wer versucht auch noch aus dieser aussichtslosen Lage Nutzen zu ziehen, wer überdenkt sein oder ihr bisheriges Leben?

Solche Fragen haben auch die Autorinnen und Autoren der jüngsten Veröffentlichung der Reihe geleitet, und die Antworten sind sehr unterschiedlich ausgefallen. Die zweite Anthologie dreht sich, wie der Untertitel schon sagt, um den Beginn. Um die ersten Tage und Wochen, in denen Zombies auftauchen, angreifen, immer mehr werden, und in denen Deutschland zur Zombie Zone Germany wird. Bei der Konzeption der Reihe war dieser Beginn auf Mai 2020 festgelegt worden. Die Geschichten für die neue Anthologie wurden teilweise bereits 2018, zum Großteil bis Sommer 2019 verfasst. Zur Leipziger Buchmesse im März 2020 sollte das Ding erscheinen.

Ist es auch. Nur gab es keine Buchmesse. Dafür haben wir jetzt Pandemie, und ein Buch voller eindrücklicher Storys über den Beginn einer Apokalypse scheint auf einmal viel zu nah dran an der Wirklichkeit. Oder? Vergleichen wir doch mal die Zombie Zone Germany mit unserer momentanen Corona-Welt.

Immerhin: Wenn wir vor die Tür gehen, jagen uns keine Untoten. Niemand erhebt sich aus dem Grab, niemand versucht uns zu fressen oder schlurft verwesend durch die Straßen. Eine Viruserkrankung entwickelt eben eine völlig andere Dynamik als der so oft in Film und Buch erzählte Kampf ums Überleben, der mit Schusswaffen und Baseballschlägern (oder Omas Gehstock) ausgefochten wird. Was wir gerade erleben, ruft nach völlig anderen Helden als den harten Einzelgänger-Schlägertypen, die wir alle so gut aus Computerspielen und dem Fernsehen kennen. Plötzlich merken viele erst, dass es neben Ärzt*innen, Pflegenden und Rettungsdienstmitarbeitern auch Supermarktkassierer und Regaleinräumerinnen, LKW-Fahrerinnen, Erntehelfer, Müllmänner, Paketzustellerinnen und viele weitere Menschen in oft mies bezahlten Jobs sind, die alles am Laufen halten.

Die Versorgungslage war durchaus auch häufig Thema in den Geschichten unserer Reihe. Hamstern und Plündern kommt dort vor, aber mal ehrlich: Wer hätte gedacht, dass das häufigste Gesprächsthema in Wirklichkeit Klopapier und Nudeln sind? Oder Hefe. Auf einmal backt halb Deutschland sein Brot selbst. Wer halbwegs nähen kann, näht Mundschutzmasken. Und alle hören einen Virologen-Podcast oder schauen allabendlich einem Pianisten beim Wohnzimmerkonzert zu.

Überhaupt, das Internet. In der Zombie Zone Germany bleiben uns Handy-Empfang, Internet und Strom nicht lange vergönnt. In der neuen Anthologie spielen zwar Twitter, Vlogs und Live-Übertragungen von Journalisten eine Rolle in einigen der Geschichten, aber da geht es ja auch nur um die ersten Tage. Mit all dem ist im ZZG-Universum relativ schnell Schluss. Wie würden wir wohl damit klarkommen, wenn der Strom der geteilten Informationen, lustigen Videos, Wortspiele, Klopapierwitze und Nähanleitungen für Masken plötzlich abbrechen oder versiegen würde?

Wenn wir wirklich jeder auf sich allein gestellt wären, wenn Social Distancing nicht nur körperlichen Abstand bedeuten würde, sondern unsere derzeit tatsächlich oft wunderbar sozialen Medien wegfielen? Der Austausch, die von Schauspielern und Autoren gelesenen Shakespeare-Sonette, die virtuelle Boyband-Reunion per Video, die WG, die berühmte Kunstwerke alter Meister mit Haushaltsgegenständen nachstellt, all die vorgelesenen Gutenachtgeschichten, die Buchtipps, die vielen, vielen E-Books, die gerade gekauft und heruntergeladen werden, um sich die Zeit in der Isolation zu vertreiben …

Ich glaube, das kam in unseren Geschichten nirgendwo so klar heraus wie gerade Tag für Tag im Internet: Wie sehr wir die Kreativen brauchen, die Musikerinnen, die Autoren, die Bastler, Zeichnerinnen, Sängerinnen, Hampelmänner, Entertainer – die mit Herz und die mit Verstand und die mit Humor. Sie halten uns bei Laune und bei Sinnen, bringen uns zum Weinen und zum Kichern, lassen uns fühlen, dass wir nicht allein sind.

Klar brauchen wir alle Klopapier. Und Nudeln. Hefe nicht unbedingt, ich habe heute auf Twitter gelesen, wie man oder frau die selbst einfängt, in den eigenen vier Wänden. Wir brauchen Brot, etwas zu essen. Aber wir brauchen auch diese andere Nahrung, die wir nicht essen können. Ich zumindest brauche ganz viel davon, und die Kreativen, die Verrückten, die Künstlerinnen und Quatschtüten, die sich jetzt alle zu Hause im Internet herumtreiben, die liefern rund um die Uhr.       

Mag sein, dass es sich unglücklich trifft, dass wir gerade jetzt ein Buch über den Beginn einer Zombie-Apokalypse herausgebracht haben. Aber wenigstens liefern wir damit auch Futter. Vielleicht gibt es ja einige unter euch, denen genau dieses Futter schmeckt. Draußen lauern keine Untoten, und mit dem Virus werden wir alle lernen zu leben. Denn es gibt noch einen wesentlichen Unterschied zwischen Fiktion und Realität: In der Zombie Zone Germany ist Deutschland abgeschottet; die Zombies treiben nur hier ihr Unwesen, und die Menschen wissen nicht, was jenseits der Grenzen überhaupt los ist. Corona betrifft dagegen die ganze Welt. Wir können voneinander lernen, uns gegenseitig helfen und vielleicht sogar gemeinsam die Welt verändern – denn jetzt zeigt sich auch, dass gar nicht alles so laufen muss, wie es vor dem Virus gelaufen ist. Die Krise birgt tatsächlich auch Chancen. Vor Allem aber lässt sie uns paradoxerweise gerade in unserer Abschottung, vor unseren Bildschirmen und Displays, im Austausch mit anderen im Internet, fühlen und erleben, dass wir da alle mit drinhängen. Dass wir nicht allein sind.

Lasst uns was daraus machen. Erst Hände waschen und in Ruhe ein paar gute Bücher lesen, dann eine bessere Welt erschaffen. Gemeinsam.

Hier geht es zur Zombie Zone Germany

Interview zwischen Romance und Horror – Thomas Williams und Anastasia Donavan

ANASTASIA: Der Tequila steht bereit, ich wäre dann so weit. Wie sieht es bei dir aus?

THOMAS: Bin soweit. Habe Bier.

ANASTASIA: Cheers. Also dann fangen wir mal mit einer Standardfrage an.
DRAMAQUEEN: (gähnt) Wann hast du deine erste Geschichte geschrieben?

THOMAS: Uff, da war ich neun Jahre alt, oder so. Ich war schon damals Comicfan und wollte zeichnen, aber weil ich das noch nie konnte, habe ich geschrieben.

ANASTASIA: Das kommt mir bekannt vor. :-)

THOMAS: Früh zu schreiben oder nicht zeichnen können? Eine gerade Linie sieht bei mir aus, wie ein Autounfall.

ANASTASIA: Beides :-D Du bist dran ;-)

THOMAS: Ironischer Weise kann meine Frau toll zeichnen. Wir ergänzen uns. Okay, hier meine erste Frage: Schreibst du jeden Tag?

DRAMAQUEEN: Wenn es nach mir ginge jede Nacht. Doch leider gibt es ein reales Leben, dass uns vor allem letztes Jahr einige “Stürme” beschert hat. Seit Januar überarbeite ich allerdings meine Geschichte. Im besten Fall an drei Nächten der Woche.

THOMAS: Klingt so, als könnte man mit einem neuen Buch von dir rechnen.

ANASTASIA: Ich befürchte es werden eher mehrere, denn mein Manuskript umfasst 1.000 Normseiten.

DRAMAQUEEN: Ohne Verortung, denn das haben wir erst im Lektorat Dank David Rohlmann gelernt. An Manuskripten mangelt es mir nicht, aber leider an der Zeit sie zu überarbeiten. Doch meine Geschichte über Luna & Jesse möchte ich auf jeden Fall noch dieses Jahr an den Herrn Verleger schicken.

Zurück zu dir. Inspirieren dich die Erfahrungen mit bestimmten Menschen, denen du im Alltag begegnest?

DRAMAQUEEN: z. B. Hamsterkäufer?

THOMAS: Hamsterkäufe haben mich zwar nicht inspiriert, aber ich dachte mir im Supermarkt, dass sich so also Zombiefilme anfühlen. Es kommt jedoch vor, dass ich bestimmte Gestalten sehe und mir etwas zu ihnen ausdenke. Viel häufiger passiert es, dass ich an bestimmten Veranstaltungen teilnehmen muss, die mir nicht gefallen. Wenn ich mich dort langweile oder richtig unwohl fühle, überlege ich, was das Schlimmste ist, was dort passieren kann. So entstand meine Kurzgeschichte “90er Jahre Trashparty”. Ich war auf einer solchen und es liefen Lieder von den Backstreet Boys, Britney Spears und so. Ich dachte: “Was ist das Schlimmste, was hier passieren kann? … Draußen geht die Welt unter und hier drinnen läuft die Musik trotzdem weiter.”

ANASTASIA: :-D :-D :-D Das gefällt mir sehr gut.
DRAMAQUEEN: 90er Jahre Trashparty” müssen wir uns mal genauer angucken :-)

THOMAS: Zu meiner Verteidigung: Ich höre Heavy Metal und musste an diesem Abend fahren … Also kein Alkohol.

ANASTASIA: Ebenso wie ich lässt du dich von deinen Gefühlen leiten und es gibt Lieder die dich inspirieren.

DRAMAQUEEN: Du bist zwar an der Reihe, aber ich muss das jetzt fragen: Wie geht es dann weiter? Planst du den Ablauf deiner Geschichten, oder lässt du dich von deinen Emotionen leiten?

THOMAS: Ich habe immer nur ein paar Notizen und Ideen, aus denen eine Geschichte entsteht. Meine Figuren führen ein Eigenleben. Ich lenke sie also nicht, versuche auch nicht zu helfen, obwohl hier und da ein kleiner Stoß in die richtige Richtung nötig ist. Also, ich beobachte nur und verfolge die Geschichte selber als Zuschauer. Oft habe ich dabei bestimmte Lieder im Kopf, oder höre das passende Album, um mich von der Stimmung etwas mitreißen zu lassen. Aber wirklich planen tue ich kaum etwas. Das meiste geschieht beim Schreiben, wenn ich einfach nur zugucke.

DRAMAQUEEN: Also ein Herzblutautor <3

THOMAS: Spoiler: Ich muss meine Frau zu einem Hip Hop Event begleiten. Wetten, dass ich mit jeder Menge Inspiration wiederkomme? Nächste Frage: Bist du leicht abzulenken?

ANASTASIA: Hip Hop? Yeah, deine Frau hat einen tollen Musikgeschmack :-)

Ich und ablenkbar >:o
DRAMAQUEEN: Wenn ich nicht dafür sorgen würde, dass sie Facebook, Instagram, Twitter und Co. ausschaltet, würde sie alle zwei Minuten nachschauen ob “was wichtiges” passiert ist >:o
ANASTASIA: Nur bei der Überarbeiten, denn verdammt das Wort “arbeiten” steckt zu Recht in dem Satz und meine Dramaqueen sorgt dafür, dass ich selbst an den einfachsten Satzwendungen wie “als” zweifle.
DRAMAQUEEN: Wobei mir hier Papyrus Author Recht gibt und eine Überprüfung der Notwendigkeit vorschlägt ;-)
ANASTASIA: Bei der Entstehung meiner Geschichten hingegen sieht es anders aus. Sobald meine Playlist läuft fliegen meine Finger über die Tasten und ich muss mir einen Wecker stellen um überhaupt irgendwann ins Bett zu gehen.
DRAMAQUEEN: Erinnerst du dich noch daran als deine Prinzessin das letzte Mal mit einer Tasse Kaffee vor dir stand und dir einen “Guten Morgen” wünschte?
ANASTASIA: Um deine Frage zu beantworten: Es kommt darauf an was genau ich mache. Bei der Überarbeitung lenkt mich selbst eine Fliege ab, beim Schreiben der Rohfassung bremsen mich nur meine Emotionen, denn ich steigere mich so in meine Geschichten hinein, dass ich körperlich und seelisch mit meinen Heldinnen mitleide. Je nachdem wir stark, brauche ich zwischendrin Pausen. Oh verdammt ich bin echt drüber heute. Es soll natürlich heißen “Nur bei der Überarbeitung, denn das Wort “Arbeiten” steckt zu Recht in Überarbeitung.

THOMAS: Die Frage nach Playlists kann ich mir also sparen :-D

ANASTASIA: Ich habe für jede meiner Geschichten eine eigene Playlist mit Songs die meine Dramaqueen dabei unterstützen mich emotional fallen zu lassen. Die Playlist zu “Ain’t nobody” findest du auf Youtube.

DRAMAQUEEN: Alle anderen auch, aber sie sind “privat”.

ANASTASIA: Ohne Musik könnte ich genau so wenig Leben wie ohne Luft. Am meisten liebe ich die Songs die nicht nur meine Ohren berühren, sondern meine Seele. Sie sind es auch, die mich zu meinen vier Geschichten inspiriert haben.

Wir mögen beide Musik, aber ich weiß, dass du auch ein großer Comic Fan bist. Welcher Superheld wärst du, wenn unsere Welt sich in einen Comic verwandelt?

DRAMAQUEEN: Antihelden zählen auch.

THOMAS: DAS ist fies! Also, Anti-Helden ist ein gutes Stichwort, da ich ein großer Ghost Rider Fan bin. Hallo? Guck dir mal sein Motorrad an. Aber fliegen wie Superman und mit Hitzeblick um sich feuern, wäre auch cool. Oder das Batmobil fahren. Batmans Bankkonto plündern … Oder wie Spider-Man durch die Häuserschluchten schwingen. Boah, das ist echt schwer :-D Wäre ich ein Superheld, wäre ich wohl genauso tollpatschig wie im wahren Leben. Die Avengers würden mich dauernd mit irgendetwas anderem beauftragen, um ohne mich auf Mission zu gehen. Iron Mans Rüstungen polieren oder so.

ANASTASIA: googelt Ghost Rider
DRAMAQUEEN: Das Batmobil würde ich auch gerne fahren.
ANASTASIA: Ich stelle gerade fest, dass wir einige Gemeinsamkeiten haben, denn ich trage seit heute den Titel “verplanteste Mutter ever” (O-Ton meiner Prinzessin) :-D
DRAMAQUEEN: Gut, dass wir nicht perfekt sein wollen, sondern echt :-) 

THOMAS: Du kennst Ghost Rider nicht??? Okay, der ist nicht so bekannt und die Filme waren mies. Ich habe ihn als Kind entdeckt. In den Neunzigern waren die Comics richtig düster und brutal. Meine Eltern hätten mir nie erlaubt es zu kaufen… ICH MUSSTE ES HABEN!!! Was ich damals schon toll fand war, dass es eine Horrorserie im Marvel Universum ist. Argh, ich schweife ab. Sorry. Bei Comics kommt der Hulk … Äh, Nerd aus mir raus.

ANASTASIA: Ich kenne die meisten Superhelden erst seitdem ich meinem echten Helden begegnet bin. Zumindest versucht mein Mann mir die Welt der Comics näher zu bringen.
DRAMAQUEEN: Im Gegenzug mussten wir ihm erklären wer Brad Pitt ist. Hallo? Das gehört zur Allgemeinbildung.

THOMAS: Dein Mann ist ein guter Mann. Und Brad Pitt war mal als Captain America im Gespräch … Sorry, ich mache es schon wieder. Ich suche mal die nächste Frage raus.

Du schreibst Drama und Geschichten mit viel Herzschmerz, die in unserer Welt spielen. Kannst du dir vorstellen, auch mal übernatürliche Elemente zu benutzen?

ANASTASIA: Über die Frage habe ich tatsächlich mal nachgedacht. Allerdings in Bezug auf Horror, nachdem meine Mutter beim Testlesen eine Stelle aus “Luna” damit kommentiert hat, dass sie solche Szenen selbst in brutalen Thrillerbüchern noch nicht gelesen hat und sie eher aus einer Horrorgeschichte stammen könnte. Sie befürchtete, dass nicht sie anschließend mit Übelkeit kämpfen muss, sondern auch meine Leserinnen. Nach einer Diskussion mit meiner Dramaqueen, habe ich ihr mitgeteilt, dass ich inhaltlich nichts an der Textstelle ändern werden. Nicht für alle ist das Leben eine rosarote Wolke und die Realität kann einem Horrorfilm gleichen.

DRAMAQUEEN: Du schweifst ab.

ANASTASIA: Wer meine Dilogie “Ain’t nobody” gelesen hat, weiß wovon ich spreche, aber meine Dramaqueen hat Recht. Ebenso wie als Leserin, kann ich mir auch als Autorin vorstellen mal eine andere Geschichte zu schreiben.

DRAMAQUEEN: Nur vorstellen, nicht umsetzen.

ANASTASIA: Meine Geschichten entstehen nicht auf dem Papier, oder nach einem Blick in die Bestsellerliste um zu sehen was gerade angesagt ist. Ebenso wie “Ain’t nobody” habe ich auch meine anderen Geschichten nicht geplant, sondern sie kamen durch einen Song zu mir. Kennst du das, wenn du aufwachst und dich nur an Bruchstücke aus einem deiner Träume erinnern kannst? So geht es mir mit meinen Geschichten. Sobald das erste Bruchstück auftaucht, stelle ich eine Playlist zusammen und fange an zu schreiben. Was dabei herauskommt weiß ich nicht und irgendwie passen meine Geschichten auch in keine Schublade. “Ain’t nobody” passt weder in die “Young Adult” noch in die “New Adult” Schublade.

DRAMAQUEEN: Ich hasse es, dass wir alles in Schubladen zu stecken, aber ich musste einsehen, dass es manchmal nicht anders geht. Doch ich bestehe darauf, dass unsere Geschichten als Drama-Romance bezeichnet werden. Selbst, wenn diese Genres offiziell nicht existiert.

THOMAS: Dann habt ihr vielleicht ein neues Genre erfunden ;-)

ANASTASIA: :-D Wohl kaum, denn Libri, Amazon und Co, oder wer auch immer dafür verantwortlich ist, interessieren meine Befindlichkeiten wohl kaum. Davon abgesehen kenne ich eine Vielzahl an Autorinnen deren Geschichten ebenfalls nicht in die gängigen Schubladen passen. Doch ich kann damit leben und sie hoffentlich ebenso. Irgendwie ticken wir ja doch ähnlich, denn ich kam bei der Zusammenstellung meiner Fragen an dich auf dieselbe Idee wie du.
DRAMAQUEEN: “Zwei Dumme, ein Gedanke” oder “Schicksal”.
Schicksal natürlich :-) und jetzt zur Frage: Unsere Geschichten sind im Amrûn Verlag Zuhause, aber in unterschiedlichen Schubladen. Kannst du dir vorstellen irgendwann mal eine Liebesgeschichte zu schreiben?

THOMAS: AHAHAHAAA!!! Oh, Gott! Ich bin so romantisch wie ein Hexenschuss … Okay, das klingt schlimm, denn schließlich bin ich verheiratet… Aber ernsthaft: Romantik liegt mir gar nicht. Allerdings denke ich über eine Horrorlovestory nach. Der Plot existiert schon, es fehlt im Moment nur an Zeit, sie zu schreiben. Die Geschichte wird sehr schräg, humorvoll und blutig. Ich glaube, es wird mehr eine Horrorkomödie, als eine Liebesgeschichte, aber es geht um eine verlorene Liebe, die jemand zurückgewinnen will. Worüber ich auch immer wieder nachdenke ist etwas wie “Gänsehaut” von R.L. Stine. Horror für Kinder bzw. Teenager. Das dürfte einige wundern, die meine Geschichten kennen, jedoch spielt Humor in diesen ohnehin immer eine Rolle. Ich müsste nur den Blutpegel etwas runterschrauben.

ANASTASIA: Deine Antwort erinnert mich an einen Film in dem sich ein Zombie in einen Menschen verliebt und sie mitnimmt. Um nicht aufzufallen muss die Frau so tun als sei sie ein Zombie. Keine Ahnung wie der Film heißt, aber ich fand ihn gut. Das passiert mir selten bei Filmen in denen Zombies eine Rolle spielen. Daher plädiere ich auf jeden Fall dafür, dass du dir die Zeit für deine Horrorlovekomödienstory nimmst :-)
DRAMAQUEEN: Nur damit du es weißt: Mit deinem Geständnis hast du gleich eine der nächsten Fragen gekillt.

THOMAS: Der Film heißt Warm Bodies und ich persönlich mochte ihn nicht. Aber ich liebe Shaun of the Dead, der sich auch als Liebeskomödie mit Zombies bezeichnet ;-)

Stellst du dir bestimmte Schauspieler als deine Figuren vor?

ANASTASIA: Puh schwierige Frage. Falls du wissen willst ob mein Kopfkino beim ersten Gedanken an die Geschichte Schauspieler als meine Figuren projiziert, dann Nein. Bei der Entstehung von Ain’t nobody betrifft habe ich auch später keine Schauspieler / Prominenten zur Visualisierung gehabt. Das liegt allerdings daran, dass viele Figuren aus der Geschichte einen Bestandteil meines Lebens bilden / gebildet haben. Einige Männer aus denen ich Karim und seine Freunde kreierte stehen mir bis heute sehr nah. Allerdings konnte und wollte ich für das Marketing nicht ihre Fotos verwenden. Bei der Googlesuche im Internet fand ich “Omar Borkan Al Gala” und eines seiner Fotos erinnerte mich an den realen Karim.

DRAMAQUEEN: Außerdem fand sie heraus, dass eine Plattform mit dem Namen “Pinterest” interessiert, die sofort mein Interesse weckte.

ANASTASIA: Ich habe mehrere Boards dort mit Fotos zu meinen Geschichten. Einige sind von Schauspielern, aber bei “Luna” sind es vor allem Dinge wie Orte, oder Gebrauchsgegenstände.

THOMAS: Während ich eine weitere Frage gekillt habe, hast du schon mehrere gekillt :-D

DRAMAQUEEN: Sehr gut, dass ist nur fair ;-)
ANASTASIA: Mir kommt unser Interview mit jeder Frage gruseliger vor. Keine Ahnung, ob es daran liegt dass ich heute noch weniger auf der Höhe bin als sonst, oder wir beide keine professionellen “Interviewer” sind und ich daher nicht damit gerechnet habe.
DRAMAQUEEN: Hinter der Frage steht nicht exakt der selbe Gedanke, aber das lasse ich gelten. Hast du mein Laptop gehackt? ;-)
Welchen Politiker / Prominenten würdest du gerne in der Erntenacht auf ein Kornfeld schicken?

THOMAS: Politiker? Alle. Promis? Matthias Schweighöfer, Til Schweiger und wie sie alle heißen. Dann könnte ich wieder ins Kino gehen, ohne Trailer zu ihren Filmen befürchten zu müssen.

DRAMAQUEEN: Oh bitte lass deine Fantasie zur Realität werden!

ANASTASIA: Ich stimme dir voll zu und habe auch schon einige Ideen über den Verlauf der Geschichte. Und das ohne deine Geschichte in “Erntenacht” zu kennen…
DRAMAQUEEN: Es gibt nur wenig zwei Filmfiguren bei denen wir mehr als nur Angst bekommen. Eine davon ist der “Creeper”. Seitdem ich das Cover von “Erntenacht…” heute auf meine Twitter TL gesehen habe, muss ich an die Augen denken.

THOMAS: Echt? Ich hatte den Creeper noch gar nicht mit der Erntenacht in Verbindung gebracht. Inhaltlich haben sie auch nichts miteinander zu tun. Meine Geschichte ist übrigens eine Art Spin Off zu meiner Story “Zwergenaufstand” die auch im Amrûn Verlag erschienen ist.

ANASTASIA: Alleine der Anblick eines Kornfeldes, oder das Wort selbst reicht aus und meine Dramaqueen erinnert mich sofort daran. Ich kann auch schon länger als mein halbes Leben nicht mehr näher an eine bestimmte Art Straßengully gehen. Eher wechsel ich die Straßenseite / geplante Route. Klingt verrückt, aber so bin ich manchmal.

THOMAS: Hmmm… Traumatisiert hat mich nur der Anfang von “Der weiße Hai”, weil ich damals noch nicht schwimmen konnte und meine Eltern einen Strandurlaub in Spanien planten … Aber heute zählt der Film zu meinen Lieblingsfilmen und ich habe ein Autogramm von Susan Backlinie. Das erste Opfer des Hais. Uff, je später die Stunde, desto häufiger die Rechtschreibfehler :-o

ANASTASIA: Ich finde es sehr höflich von dir, dass du dich aus Solidarität, verschreibst :-D
DRAMAQUEEN: 2 x 3 macht 4, Widdewiddewitt, und Drei macht Neune !! Ich mach’ mir die Welt
Widdewidde wie sie mir gefällt ….
ANASTASIA: Auf jeden Fall interviewen wir uns seit fast 3 Stunden, während unsere gemeinsame Signierstunde auf der LBM nur eine Stunde lang geplant war. Was den Spaßfaktor anzieht, kann ich zwar leider keinen Vergleich ziehen, aber unser Interview zählt schon jetzt zu meinen Top 10 :-)

DRAMAQUEEN: Gibt es eigentlich noch Fragen die ich nicht zerschossen habe? ;-)

THOMAS: Danke, mir macht es auch sehr viel Spaß. Apropos: Du erwähntest mal, dass du als Kind mit He-Man Figuren gespielt hast. Alsoooo … Welche „Masters of the Universe“ Figur war deine liebste?

ANASTASIA: Mein Sandkastenfreund hat mich immer damit erpresst, dass er sich von seinem Taschengeld She-Ra zusammenspart, wenn ich Skeletor nehmen, weil er He-Man wollte. Nach She-Ra war meine Lieblingsfigur allerdings Panthor. Ich habe noch einige Fragen für dich, allerdings befinde ich mich geistig inzwischen mehr im Schlaf als wach und versuche nicht darüber nachzudenken wie viel verhackstückelte Sätze meine Fragen / Antworten beinhalten.
DRAMAQUEEN: Ich freue mich jetzt schon darauf, wenn es veröffentlicht wird und beginne bereits damit einen Sturm zu kreieren :-D
ANASTASIA: Nicht witzig und daher gehe ich jetzt auf Nummer sicher :-)
Süßes, oder Saures?

THOMAS: Öh … Süßes? Bei Saures denke ich immer an eine Faust aufs Auge :-D Bevor du dich quälst, können wir auch zum Schluss kommen. Das Interview ist ja schon recht lang.

ANASTASIA: Mich quält so einiges, Exposés zum Beispiel, aber nicht unser Interview :-) Gab es für dich als Autor eigentlich mal ein Horrorerlebnis? Egal ob beim Schreiben, der Suche nach einem Verlag, oder nach der Veröffentlichung.

THOMAS: Da musste ich jetzt etwas drüber nachdenken, aber es fällt mir nichts ein. Zwar bin ich nicht mit jedem Verlag zufrieden gewesen, das weiß man manchmal halt erst hinterher, aber ich würde es nicht als Horrorerlebnis bezeichnen.

ANASTASIA: Möchtest du vielleicht mein nächstes Exposé verfassen ;-) Auf jeden Fall beruhigt mich deine Antwort, denn im Gegensatz zu dir habe ich bisher wenig veröffentlicht und keine Erfahrungswerte.

THOMAS: KLAPPENTEXTE!!! Einen Klappentext zu verfassen ist der Horror! In der Hölle muss man den ganzen Tag Klappentexte zu Filmen mit Til Schweiger verfassen.

Du scheinst Happy Ends zu mögen, aber ich kann mir vorstellen, dass deine Figuren auf dem Weg dorthin einiges mitmachen. Sonst gäbe es ja kein Drama. Kennst du immer das Ende deiner Geschichten und leidest du mit deinen Charakteren obwohl du vielleicht weißt, dass alles gut geht?

ANASTASIA: Echt? Ich habe es geliebt die Klappentexte von “Ain’t nobody” zu verfassen.

DRAMAQUEEN: Er spricht von brauchbaren Klappentexten.

ANASTASIA: Okay der zu “Halte mich” war in mancher Hinsicht nicht aussagekräftig genug und ich danke dem Herrn Verleger bis heute dafür, dass er mir Hilfe zur Seite stellte.

Mit Happy Ends in Geschichten ist es wie mit dem echten Leben. Wir alle wünschen uns einen Himmel voller Glocken, aber die Realität sieht anders aus und da ich meine Geschichten sehr realistisch erzähle…
DRAMAQUEEN: Stopp!
ANASTASIA: Okay sagen wir es so: Bei mir gibt es keine Happy End-Garantie! Die Figuren in meinen Geschichten gehen durch die Hölle, denn Themen wie Rassismus, Missbrauch, Essstörungen, oder Gewalt sind nicht leicht zu verarbeiten und unser Rechtssystem (sonst finde ich kein Ende). Doch wie viel Macht hat bedingungsloser Liebe bei so viel Leid? Was bewirkt sie bei den Figuren? Gibt es ihnen die Kraft ihre Vergangenheit hinter sich zu lassen?
DRAMAQUEEN: Die Antwort findest du in “Ain’t nobody”
ANASTASIA: Ich kannte weder bei “Ain’t nobody” noch bei meinen anderen Geschichten das Ende, bevor ich das magische Wort unter mein Manuskript tippte.
DRAMAQUEEN: Stichwort: Herzblutautorin :-)
ANASTASIA: In dem Moment in dem ich die Geschichte in mir spüre habe ich im Kopf eine klare erste Szene. Manchmal folgt bruchstückhaft wie aus einem Traum eine zweite, aber das passiert mir eher selten. Aus Angst davor die erste Szene zu vergessen notiere ich sie mir sofort. Notfalls fahre ich dafür sogar an den Straßenrand und schalte die Warnblinkanlage an. Auf jeden Fall geschieht alles nach der ersten Szene auf rein emotionaler Ebene ohne eine grobe Planung, oder einen Plot.

THOMAS: Also hast du auch Ideen während der Autofahrt. Ich versuche dann immer verzweifelt, sie mir zu merken.

ANASTASIA: Der Song der mich zu meinem dritten Manuskript inspiriert hat lief im Radio auf der Fahrt in die Arbeit. Ich habe sofort rechts angehalten, die Warnblinkanlage angemacht und die erste Szene aufgeschrieben. Es vergingen also keine 2 Minuten bis ich sie aufschreiben konnte und trotzdem hat meine Dramaqueen mich in der Zeit verrückt damit gemacht, dass ich sie vergesse. Ich glaube den Versuch mir Ideen zu merken, würde ich bitter bereuen. Der ungewöhnlichste Ort um mir eine Szene aufzuschreiben war definitiv auf dem Behandlungsstuhl. Mein Zahnarzt ging davon aus, dass ich mit der erhobenen Hand Schmerzen signalisiere. Sein Gesichtsausdruck war unbezahlbar :-D
DRAMAQUEEN: Ohne Plot muss jede einzelne Idee die zur Geschichte beiträgt sofort aufgeschrieben werden.

THOMAS: :-D Bist du da auch so altmodisch, deine Idee per Hand notieren zu wollen, statt sie ins Handy zu tippen?

ANASTASIA: Findest du das altmodisch? Ich bezeichne es als einen Spleen, aber ja ich habe bisher noch keine einzige Idee in mein Handy getippt. Allerdings habe ich mein Notizbuch dabei, wenn ich es brauche.

DRAMAQUEEN: Dafür gibt es Bedienungsanleitungen von Autos, Kassenzettel, Klopapier, ….

ANASTASIA: Verdammt ich meinte “mein Notizbuch NIE dabei, wenn ich es brauche”.

Hast du ein bestimmtes Schreibritual?

THOMAS: Ich verlege mein Notizbuch dafür dauernd. Zu deiner Frage: Vorm Schreiben schlage ich einen Gong und schreie in ein Kissen… Nee, Quatsch. Da gibt es nichts. Ich hab meinen Arbeitsplatz etwas nerdig eingerichtet. Ein Bild von „Evil Dead“, ein paar Totenschädel, Superheldenfiguren und so, damit ich mich da wohl fühle. Außerdem lauter Stifte und was, um Notizen zu machen.

 ANASTASIA: Dito :-) Alles was mich inspiriert befindet sich auf meinem Schreibtisch was eine Mischung aus Einhörnern, Geschenken meiner Schicksalschwester, Fotos, etlichen Stiften und einer Pinnwand mit meinen Lieblingszitaten führt <3 Du nennst es nerdig, mein Mann bezeichnet meinen Schreibtisch als kitschig. Ich finde beide Bezeichnungen nicht schlimm, denn jeder Autor braucht zum Schreiben seine Hilfsmittel. Sollte ich mal auf die Idee kommen zu plotten hängt wohl ein XXL-Magnetboard an der Wand :-D

THOMAS: Der Ausdruck nerdig stört mich auch nicht. Ich war schon Nerd, bevor das Wort hierzulande benutzt wurde und bevor es plötzlich cool geworden ist, ein Nerd zu sein (Danke, Big Bang Theory) Von meiner Seite aus gibt es keine weiteren Fragen. Die hast du schon beantwortet ;-)

ANASTASIA: Eine tolle Einstellung, die ich teile und sie trifft auch auf die Definition “Bad Boy” zu. Als ich meinen Mann vor fast 20 Jahren kennenlernte habe ich ihn meinen Eltern als Bad Boy beschrieben. Inzwischen nutze ich den Begriff nur noch selten, da es so viele Geschichten mit “Bad Boys” gibt die nicht meiner Definition entsprechen.

THOMAS: So würde ich mich allerdings nie bezeichnen ^-^

ANASTASIA: Ich habe übrigens auch keine Fragen mehr, aber ich denke die Fragen / Antworten der letzten 4,5 Stunden reichen aus für einen schönen Beitrag.

Wie definierst du denn einen klassischen Bad Boy? Ich habe da schon die wildesten Diskussionen miterlebt und um es zu kurz zu fassen: Eine frauenverachtender Mann mit Arschlochcharakter der durch die Liebe einer Frau gezähmt wird entspricht nicht meiner Definition eines Bad Boys.

THOMAS: Eher ein Draufgänger, harter Kerl mit Tattoos und so. Nicht unbedingt ein Arschloch.

ANASTASIA: Draufgänger passt auch in meine Definition, Tattoos nicht unbedingt und harter Kerl :-/
DRAMAQUEEN: Da ist wieder zu viel Spielraum. Ist ein Mann der bei jeder Situation ausrastet ein harter Kerl, oder eher eine arme Seele, weil ihm die nötige Selbstsicherheit fehlt?

ANASTASIA: Ich für meinen Teil würde weder einen “Nerd” als langweilig abstempeln, noch einen “Bad Boy” als kriminell. Das wäre zu einseitig und wird den jeweiligen Männern nicht gerecht.

DRAMAQUEEN: Nur weil alles in Schubladen gesteckt, oder gerade “in” ist müssen wir da mitmachen. Ich habe mich auf jeden Fall sehr gefreut dich durch die Planung zur LBM ein bisschen näher kennenzulernen und mir spätestens jetzt ein eigenes “Bild” von dir gemacht. DRAMAQUEEN: Signieren wir nächstes Jahr auf der LBM zusammen?

THOMAS: Ich hasse Mainstream. Auch, wenn ich mich über einige Comicverfilmungen freue, nervt es auch, dass plötzlich ALLES verfilmt werden muss. Und dann noch alles als Komödie. Jau, die Signierstunde können wir gerne nachholen.

ANASTASIA: Und wieder ein verdammt saudummer Fehler :-(
DRAMAQUEEN: Das reicht! Jetzt darfst du ins Bett gehen.
ANASTASIA: Korrektur: Nur weil alles in Schubladen gesteckt, oder gerade “in” ist müssen wir da NICHT mitmachen.

THOMAS: So hatte ich das auch gelesen ^-^ Wird Zeit zu schlafen.

ANASTASIA: Ich ersetze das Wort “Comicverfilmungen” durch “Bad Boys” und unterschreibe deine Worte :-)

ANASTASIA: Toll, dass du mich nach so kurzer Zeit schon richtig einschätzt :-D

Schlaf gut

THOMAS: :-) Na ja… Nach 5 Stunden :-D

ANASTASIA: Es gibt Menschen die schaffen es selbst nach Jahren nicht ihr Gegenüber richtig einzuschätzen ;-)

THOMAS: DAS stimmt. Dir auch eine gute Nacht. 

Fantasy, der (Substantiv, maskulin)

von Susanne Pavlovic

Neulich habe ich mir die Mühe gemacht, zu zählen.

Die Filialbuchhandlung meiner Stadt gehört nicht zu einer der ganz großen Ketten, aber in immerhin ca. 50 süddeutschen Fußgängerzonen findet man das rote Logo. Die Fantasy-Abteilung umfasst drei Regaleinheiten. Ich zähle 64 unterschiedliche Autorennamen.

Davon weiblich: 4. Das sind etwa 2,5 %.

Die Kolleginnen, die da tapfer die Stellung halten, sind Liza Grimm, Trudi Canavan, Nalini Singh und Lara Adrian. Von jeder Kollegin stand immerhin ein einzelnes Buch im Regal. Von geschätzten 12 Metern Regalfläche entfielen vielleicht 15 oder 20 cm auf die Buchrücken der Kolleginnen. Ich mag den Prozentsatz nicht ausrechnen. (Es sind ca. 1,3 %.)

Wie kommt das? Wie kann das sein? Wo sind all die phantastischen Autorinnen?

Ich gehe suchen und finde sie – in der Jugendbuchabteilung. Dort sortiert man großzügig auch die sogenannte „Romantasy“ ein, also Liebesromane mit phantastischen Elementen. Das Sortiment auf diesen zwei Regalmetern enthält deutlich weniger flächig präsentierte Titel, dafür mehr Vielfalt. Das Geschlechterverhältnis ist hier deutlich ausgewogener – gefühlt fifty-fifty.

Natürlich ist dies eine Stichprobe. Ich lehne mich aber vermutlich nicht allzu weit aus dem Fenster, wenn ich behaupte, dass man, zählte man in anderen Filialbuchhandlungen, auf sehr ähnliche Ergebnisse käme. Zu vertraut ist der Anblick.

Zurück ans Fantasyregal. Es fällt auf: Hier stehen ausschließlich Publikationen aus großen Publikumsverlagen. Einzige Ausnahme: Ein regionaler Selfpublisher hat es geschafft, seine Staffelberg-Romane ins Regal zu bekommen. Bei den Großen erscheinen auch die Großen: Tolkien, Eddings, Williams, Asimov – Autoren, die im vorigen Jahrhundert geschrieben haben, teilweise noch zu Zeiten, in denen Männer ihren Frauen verbieten durften, arbeiten zu gehen. Um fair zu sein, muss man die aus der Rechnung nehmen, aber selbst wenn man es tut – es macht’s nicht besser.

Woran liegt diese massive Überrepräsentanz männlicher Autoren im Großverlags-Fantasybereich? Schreiben so wenige Frauen High Fantasy und Sci Fi? Liegt es an männerbündlerischen Strukturen in den Publikumsverlagen, vergleichbar mit dem oberen Management von Konzernen? Macht sich auch hier wie in vielen anderen Branchen der Familienplanungs-Karriereknick bemerkbar, den Frauen immer noch so viel deutlicher erleiden als Männer? Können Frauen einfach keine Fantasy?

Einigen wir uns darauf, dass es am Können vermutlich nicht liegt. Darüber hinaus – ich wüsste es gern, hab aber keine Antwort.

Aber das ist die Welt da draußen. Das ist, wie Fantasy von 90 % der lesenden Menschen rezipiert wird. Nicht nur Geeks lesen Fantasy – auch Leute, die gerade mal genug von Krimis haben, und da kam doch kürzlich diese Serie im Fernsehen, die mit den Drachen, und schau, da steht die im Regal. Das ist die Welt jenseits unserer heilen Welt zwischen Kleinverlag und Convention. Wenn sich aus dieser Welt mal ein Leser zu einem meiner High Fantasy Romane verirrt, dann schreibt er eine aufrichtig freundlich gemeinte Rezension: dieses Buch sei der Beweis, dass dass auch Frauen Fantasy schreiben können. Es ist so selten, es ist eine Erwähnung wert.

Wir haben in der Kleinverlags- und Nerdszene eine Vielzahl an schreibenden Frauen, Horror, High Fantasy, Historische Fantasy, auch Romantasy, da ist alles dabei. Aber Kleinverlage wären nicht Kleinverlage, wenn sie massive Marktdurchdringung hätten. Diversität im Fantasybereich ist eine Graswurzelbewegung, und Gras wächst nicht sonderlich schnell.

Alles Mist also? Melden wir uns bei der Volkshochschule zum Klöppelkurs an, statt einen neuen Roman zu schreiben? Nein, natürlich nicht. Wir schreiben weiter und sorgen in unseren Geschichten für Diversität. Aber nur weil wir auf einem grünen Fleckchen sitzen, sollten wir nicht die Wüste, die uns umgibt, für den Englischen Garten halten.

Susanne Pavlovic schreibt Fantasy im Amrun Verlag und lektoriert Bücher für Selfpublisher und Verlage.

Platz 1 des Schreibwettbewerbs

Sonntags ist ja immer ein besonderer Tag, deshalb haben wir uns auch etwas Besonderes vorgenommen. Wir feiern mit euch den Platz 1 unseres #lgbt4Amrun-Schreibwettbewerbs.

Über einen Verlagsvertrag für die Publikation einer Kurzgeschichte in einer Amrun LGBTIQ-Anthologie darf sich freuen:
Michelle Thon mit „Show me how to love myself, eine Fanfiktion zu Nils Krebbers „Keine Helden – Piraten des Mahlstroms“

Liebe Michelle, wow, wow, wow! Wir waren und sind uns sowas von einig, du hast mit deutlichem Abstand überzeugt, und wir sind wirklich total begeistert von deiner Einsendung. Dein Schreibstil ist rund und harmonisch, dem Genre komplett angepasst, die Charaktere liebenswert, und eine Thematik, die nicht 08/15 ist und wunderbar verpackt wurde. Und die Message, die du übermittelst, könnte besser nicht sein.

„Weil du mir gezeigt hast, dass es wichtig ist, du selbst zu sein. Ich weiß, dass du mir nicht zeigen kannst, wie es geht. Aber du hast mir gezeigt, dass es überhaupt möglich ist.“

Herzlichen Glückwunsch von uns UND hier folgen noch ein paar Worte von keinem Geringeren als von Nils Krebber, dem Autor der Original-Story:

„Gerade durfte ich als erster außerhalb der Jury die tolle Kurzgeschichte „Show me – how I find myself“ von Michelle Thon lesen. Dafür bin ich sehr dankbar, denn für mich kann es gar keine größere Ehre geben als Menschen, die von meinen Charakteren so inspiriert sind, das sie daraus eigene Geschichten weben. 
Und was für eine Geschichte! Ein spannendes Abenteuer, eine wilde Romanze, und das alles mit tollem Gefühl für Aurelia, Eberhart, Akbash und Joachim. Die Chemie der Crew ist wunderbar getroffen – Aurelias aufbrausendes Temperament und ihre Neckereien mit Eberhart, die zarte Romanze zwischen Eberhart und Joachim, Akbash sorglose Fassade – toll eingefangen. 
Und der mysteriöse Schatten, der sich da an Aurelia hängt und sie fast in den Wahnsinn treibt – eine tolle Figur! Vielleicht hören wir bald mehr von ihm 🙂
Danke, das du uns im Rahmen von LGBTQ+ for Amrûn an dieser Story teilhaben lässt – und dank der Jury, die meine Begeisterung offensichtlich teilt, werden wir auf jeden Fall bald mehr von dir lesen können!“

Herzlichen Glückwunsch!
Der Verlag wird auf dich zukommen!

Wer unseren Platz 1 lesen möchte, kann dies hier tun.

Platz 2 des Schreibwettbewerbs

Na, was habt ihr an diesem schönen Samstag gemacht? Wir haben alle nochmal die Geschichte, die Platz 2 gemacht hat, gelesen. Ihr wollt auch? Na, gut. Weil Samstag ist:

Platz 2 des #lgbt4Amrun Schreibwettbewerbs

Patrizia Juri mit „Ameisenküsse“, eine Fanfiktion zu Ain‘t nobody von Anastasia Donovan und Liliennächte von Kim Leopold

Liebe Patrizia, wow, du hast uns echt begeistert. Was für eine schöne, stimmige Geschichte, toll getroffene Charaktere, eine süße Lovestory, wirklich rundum total gelungen. Vielen Dank dafür, es war ein Vergnügen, dich zu lesen!

Herzlichen Glückwunsch zu einem verdienten zweiten Platz!
Der Verlag wird sich mit dir in Verbindung setzen.

Hier könnt ihr „Ameisenküsse“ nachlesen!

PLATZ 3 des Schreibwettbewerbs

Freunde!
Es ist Februar, draußen liegt überall Schnee, und für uns bedeutet das: Der Januar ist vorbei, die Jury hat entschieden. Der Amrun-Schreibwettbewerb zum Thema #lgbti hat schönen Anklang gefunden, wir bedanken uns sehr herzlich bei den Autor*innen für die vielschichtigen Beiträge. Doch es kann nur einen Sieger geben, nur einer kann Amruns Schreibwettbewerb gewinnen und einen Verlagsvertrag noch dazu.

Und um es spannend zu machen, präsentieren wir euch heute Platz 3 des #lgbt4Amrun Schreibwettbewerbs

Carina Gruchmann mit „Sonnenstunden“, eine Fanfiktion zu Liliennächte von Kim Leopold

Liebe Carina, du hast den guten Ash ja auf eine besondere Abenteuerreise geschickt. Wir haben deine Geschichte wirklich sehr gerne gelesen.

Herzlichen Glückwunsch zu einem tollen Platz 3!
Der Verlag wird sich mit dir in Verbindung setzen.

Hier könnt ihr „Sonnenstunden“ nachlesen: